

Tja, heute ist ein weniger erfolgreicher Tag. Wahrscheinlich war das der Preis für das bessere Wetter. Heute habe ich aufgrunddessen, dass ich ein Schisser bin, keinmal erfolgreich Blut abgenommen – ich bohre halt nicht gerne.
Infolgedessen traute ich mich natürlich auch nicht, den Leuten dann auch noch eine Braunüle zu legen (man bedenke, das hat auch noch nie vorher geklappt). Was solls, ich werde die Ärzte darum bitten, mich in Zukunft dazu zu zwingen.
Ansonsten habe ich wieder eine Darmspiegelung mitverfolgt, diesmal bei einer Oberschickse mitten in den Wechseljahren. Ich fand, die Frau hat für ihren niedrigen Puls ein bisschen zu viele Schmerzensschreie losgelassen. Die andere zuschauende Famulantin meinte aber danach, dass sie im Gegenteil fände, dass sie die von mir als “Schreie” deklarierten Laute im Vergleich zu anderen Patienten doch schon eher fast als Stöhnen bezeichnen würde…Gut, ich will der Frau jetzt mal nicht unterstellen, dass sie die Darmspiegelung angemacht hat, aber es klang tatsächlich ein bisschen so…
Dann sind mir ein paar Verbindungen innerhalb der Klinikhirarchie aufgefallen. Besser Spannungen zwischen bestimmten Kollegen oder Statusdenken von anderen. Der Chef mag Privatpatienten sicher nicht ohne Grund länger da behalten. Naja, ist ein wenig mit Vorsicht zu genießen, nicht so charmant und sympathisch wie auf den ersten Blick gedacht jedenfalls.
Gleich werde ich vielleicht noch mit der Frau, die schon auf der Schwelle zum Jenseits steht, versuchen bis zum Meer zu laufen. Sie will es ja doch so gerne noch einmal sehen. Und heute abend gehe ich mit ein paar anderen Famulanten etwas trinken in Westerland…
…war nicht viel. Nunja. Wer haette das gedacht. Von
drei Blutentnahmen sind mir zwei geglueckt, und beim
dritten Patienten hats nach den anderen ebenso
erfolglosen Famulanten auch erst der Stationsarzt
geschafft. Kein Beinbruch also. Dann das uebliche -
Visite gleich mehrmals am Tag. Nichts interessantes,
ausser dass ein paar Patienten langsam anfangen, mit
mir warm zu werden. Ist doch schoen wenn man sehen
kann, dass sich ein trauriges Gesicht aufhellt, wenn
man den Raum betritt.
Ansonsten habe ich gestern die ganzen Sachen gemacht,
die eigentlich jeder machen koennte, nur dass sie nicht
jeder machen darf. Zich intravenoese Spritzen – was ja
nun wirklich keine Kunst ist, wenn der Patient sowieso
schon eine Kanuele im Arm hat. Und einen Tropf an und
abhängen kann ja nun auch jeder. Den sogenannten
Schellong-Test habe ich gemacht (den auch wieder jeder
Laie hinkriegen koennte) – eine suesse kleine 92-jaehrige
Omi mit Nagellack, Seidenblueschen, Bernsteinklunkern,
Lippenstift und perfekt gestylter Frisur war das
Opfer. Da man aber bei diesem Test sowieso nichts
anderes macht, als alle zwei Minuten Blutdruck und
Puls zu messen – nach dem Aufstehen und dann wieder im
Liegen – war das kein Problem. Die andere Frau, mit
der wir diesen Test machen sollten, war dagegen schon
eher ein Problem. Ein Monsterweib, wuerde ich mal
sagen, mit einem gigantischen Nabelbruch – ihr Gewicht
verhinderte leider, dass wir ihr ueberhaupt aus dem
Bett helfen konnten. Arme Menschen liegen da schon.
Ein Mann, bei dem gerade Darmkrebs mit Metastasen in
Leber und Lunge festgestellt wurde, faengt immer
beinahe zu weinen an, wenn sich die Visite wieder bei
ihm verabschiedet. Eine sehr junge Patientin mit ihren
vielleicht 45 Jahren hat Metastasen in der Leber,
deshalb den ganzen Bauch voll mit Fluessigkeit und ist
gelb am ganzen Koerper. Die sagt immer, dass sie doch
nur noch mal das Meer sehen moechte. Schon relativ
tragisch.
Um uns schoeneren Themen zuzuwenden – gestern hab ich
zum ersten Mal einer Darmspiegelung beiwohnen duerfen.
Der arme Mann musste bald eine halbe Stunden in seinem
Kittelchen da liegend auf den Arzt warten. In der Zeit
hab ich mit den MTAs ueber Wohnungen auf Sylt
getratscht und festgestellt, dass das kein Mensch
bezahlen kann, hier auch nur eine Wohnung zu mieten.
Naja, jedenfalls tat mir der Patient dann ja doch
leid, weil irgendwie das Betaeubungsmittel nicht so
schnell gewirkt hat, wie es sollte. *raeusper* Er hats
aber ueberstanden…
Gestern war ich auch noch im Lister Hafen, weil dort
das russische Schulschiff “Mir” lag. Ein Dreimaster,
der aber unspektakulaer weit draussen lag. Und ich
wollte mich dann auch nicht mit den 100000000
sensationsgeilen Leuten darum schlagen, den Matrosen
mal die Hand zu schuetteln und ein Foto von ihnen zu
machen. Wozu auch. Da bin ich lieber nochmal an den
Weststrand gefahren, wo dann endlich einmal gewohntes
Sylt-Feeling aufkam. So ein Sonnenuntergang auf der
Insel ist eben einfach schoen, und deshalb fahr ich da
heute wieder hin.
So, und jetzt gehe ich fruehstuecken!
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