Nini's Welt

Bittere Pillen täglich bitte

Lange habe ich wiedermal nichts von mir hören lassen. Das hängt damit zusammen, dass ich jetzt auf einer neuen Station bin, die mich ziemlich in Anspruch nimmt. Das ist eigentlich komisch, weil dort viel weniger zu tun ist als in der Gynäkologie, aber trotzdem bin ich täglich über 10 Stunden da. Mein Innere Tertial hat jetzt begonnen, eingeteilt wurden wir ziemlich unkoordiniert. Die Station, die ich erwischt habe, ist eine hämato-onkologische Station. Mit anderen Worte – todkranke Leute – und das nur.
Dazu muss ich sagen, dass ich das Trennen von Beruf und Privatleben ganz gut hinkriege. Ich mache mir meistens keine Gedanken mehr über die Patienten, wenn ich erstmal auf dem Heimweg bin. Das ist sicher auch deshalb so, weil wir erst so spät da raus kommen, dass man dann nur noch ans Heimkommen denkt. Aber trotzdem – jetzt nach einer Woche macht mir das zwar nicht mehr Probleme, das In-der-Klinik-Lassen der Patienten, jedoch bedrückt es einen unterschwellig schon mehr. Ich habe einfach keine Lust hinzugehen, weil ich weiß, was sich mir da für ein trostloses Feld bieten wird. Und jeden Tag sage ich mindestens einmal beim Lesen einer neuen Krankengeschichte “boah, das ist ja hart” – und das Schlimmste daran ist, dass jeden Tag ein neuer Patient kommt, bei dem ich die Geschichte noch schlimmer finde. Jetzt haben wir einen jungen Mann, der genauso alt wie mein Bruder ist. Eigentlich unterscheidet die beiden nichts – und doch unterscheidet sie alles, weil der junge Mann sowas von todkrank ist. Und das ist er auch schon lange! Schlimm. Das Anstrengende an der Station ist ausserdem, dass man durch die ihrem irdischen Erde nahestehenden Menschen ständig gezwungen ist, das eigene Leben neu zu bewerten. Wie wertvoll ist Zeit? Wie wertvoll ist Gesundheit? Ekelhafte Fragen, wenn man ständig gezwungen ist, sich darüber den Kopf zu zerbrechen und am Ende vielleicht sogar feststellen zu müssen, dass man die eigene Zeit nicht bewusst genug nutzt. So auf solche Gedanken gestoßen zu werden ist permanent einfach total anstrengend.
Was auf dieser Station zusätzlich nervt, ist, dass man zwischenzeitlich teilweise 20 Minuten rumsitzt, ohne dass es etwas zu tun gäbe. Der Lernfaktor ist auch nicht wirklich spürbar im Moment. Und trotzdem lassen sie einen nicht früher heim.
Da muss man sich schon manchmal wirklich warme Gedanken machen, um nicht die Nerven zu verlieren. Meine warmen Gedanken gelten im Moment der Weltreise, die ich mit Jan für den nächsten Winter plane. Einmal um die Welt – bis jetzt haben wir Singapur, Tokio oder Hongkong, Bali, Sidney, Auckland, Hawaii, L.A. und New York auf der Liste. Ich kanns kaum erwarten, das alles in trockenen Tüchern zu wissen. Davor steht ja auch noch die erste gemeinsame Wohnung, die allerdings noch nicht gefunden ist. Tja, und dann ist für nächstes Jahr natürlich auch ganz groß das Projekt Doktorarbeit im Kalender eingetragen. Das Examen wird wohl Utopie sein, das lade ich mir lieber für das darauffolgende Frühjahr auf.
Ja, das ist soweit der Stand der Dinge, ihr Leute!

Dienstag, 19. Dezember 2006, 21:30 Uhr, abgelegt unter Allgemein.

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