Nini's Welt

Die Nadel im Schweinebraten

Was soll das sein die Nadel im Schweinebraten? Tja, das werdet ihr euch zurecht fragen. Dabei ist es ganz einfach. Ich bin jetzt in der Diagnostik, das heißt zu uns kommen die Frauen, die zum Beispiel einen Knoten in Ihrer eigenen Brust getastet haben oder bei denen ein verdächtiges Areal per Röntgen aufgefallen ist. Wenn wir dann beispielsweise etwas eigenartigaussehendes im Ultraschall finden, dann stechen wir mit einer Hochgeschwindigkeitsnadel hinein unter Ultraschallsicht und holen auf diese Weise einen kleinen Zylinder Gewebe aus der Brust.
Tja, die meisten kennen Ultraschall nur als Graustufen, auf denen man so gut wie gar nichts erkennen kann. Richtig! Und deshalb muss man auch üben, einen umschriebenen Befund richtig im Gewebe einordnen zu können und dann auch noch zu treffen.
Zu Übungszwecken eignet sich neben einer echten Brust aber auch ein Stück Schweinebraten. Anstatt eines Tumors reicht auch eine Olive und für die Fortgeschrittenen eine Kaper beispielsweise. Ich weiß, Mediziner sind geradezu widerlich abgebrüht.
Jedenfalls versteckt dann einer die Olive bzw. Kaper im Schweinebraten, zieht dem Schweinebraten eine Haut aus Plastiktüte an und macht Ultraschallklibber drauf. Dann kuckt man im Ultraschall nach den Innereien des Schweinebratens. Dann setzt man die Stanze an, pikst rein und schießt die Nadel ab – die ist 100 km/h schnell, der Schweinebraten muss also nicht sehr leiden. Tja, und wenn man dann die Nadel wieder rauszieht, dann sieht der Stanzzylinder bestenfalls grün-rot-grün aus – sofern es sich um eine mit Paprika gefüllte Olive gehandelt hat. Mit der Kaper genauso – dann halt nur grün. Jedenfalls und das durfte ich üben – ich habe einen Schweinebraten gestanzt!
Neben diesem durchaus tollen Ereignis bin ich in der Diagnostik auch für die Nierenultraschalle zuständig. Allerdings bin ich schon froh, wenn auf meinen Ausdrucken nachher irgendwas Nierenähnliches zu sehen ist.
Da gefällts mir jedenfalls – endlich darf ich mal was machen.

Die Wahrsagerin in der Frauenhöhle

Hola chicos y chicas. Mein Leben startet jetzt wieder eine Stunde später am Morgen – eine christliche Zeit wie ich finde: 8 Uhr. Und unfassbarerweise endet der Tag auch tatsächlich humane 8 Stunden später! Wer hätte das gedacht, dass ich in so ein Schlaraffenland noch einmal würde vorstossen können.
Für diese Woche bin ich in der Poliklinik, dort sind sogar alle nett! Und was mich ausserdem zutiefst erstaunt, ist, dass mein Alptraum in Menschengestalt von jetzt Ex-Stationsärztin auf einmal sogar auch freundlich zu mir ist – muss wohl daran liegen, dass ich jetzt nicht mehr zu den Direkt-Ausgelieferten zähle.
In der Poliklinik passieren allerdings auch Wunder. Heute kam eine Zigeunerin mit Dauerwunde zum Verbandswechsel. Ihr Mann hatte mindestens ein Glasauge. Das weiß ich daher, weil mindestens ein Auge immer in irgendeine andere Richtung als das andere Auge blickte – also muss ein unechtes dabei gewesen sein, oder aber der Mann nimmt irgendwelche interessanten Drogen. Wer weiß das schon. Jedenfalls spielte sich in der Poliklinik zwischen altem und neuem Verband folgendes Gespräch ab:
Ärztin: “So, jetzt muss ich das Pflaster mal abziehen. Tut mir leid – da, wo Haare wachsen, ziepts natürlich besonders.”
Zigeunerin: “Aua, seien Sie doch nicht so grob!”
Rothaarige PJlerin: “Ach, jetzt stellen Sie sich doch nicht so an, haben Sie Kinder?”
Zigeunerin: “Ja autsch, 9 Stück!”
PJlerin: “Na dann haben Sie ja wohl auch schon schlimmere Schmerzen als das bissi Pflastergeziepe ausgehalten, oder?”
Ärztin: “Genau! Ausserdem bin ich nicht grob.”
Zigeunerin: “Doch. Aber der Schmerz vom Kinderkriegen ist ein vergessener Schmerz – merken Sie sich das. Sie kriegen doch auch ein Baby, nicht wahr?”
Ärztin (rot anlaufend): “Wer hat Ihnen das denn erzählt?”
Zigeunerin: “Pah, eine Mutter von 9 Kindern sieht sowas! Stimmt doch?”
Ärztin: “Ja, stimmt. Aber woran Sie das jetzt gemerkt haben, man sieht doch noch gar keinen Bauch…”
Zigeunerin: “Ach was, Sie sehen glücklich aus. So kann nur eine Schwangere aussehen.”
PJlerin: “Vielleicht sollte ich mir auch mal von Ihnen meine Zukunft voraus sagen lassen! Aber nicht, dass Sie mir jetzt auch erzählen wollen, dass ich schwanger bin!”
Zigeunerin: “Nein, sind Sie nicht – aber Sie werden mal eine gute Ärztin, das ist sicher!”

Also die Frau war mir zwar vorher schon sehr sympathisch, aber ab dem Moment fand ich sie so richtig knuffig! Und das allerbeste war, dass die Ärztin dann später zu mir gesagt hat, dass sie auch davon überzeugt ist, dass ich eine gute Ärztin werde. Das ist das erste echte Lob, das ich in 9 Wochen Ranklotzen gehört habe. Beziehungsweise, das erste Lob, das mich wieder richtig motiviert. Und nicht genug damit – später war dann noch unser Oberarzt da – schon gings weiter mit der Loberei.
Ich muss echt sagen – vielleicht gibt es Leute, die eher durch Misserfolge und Kritik als durch Lob und Erfolgserlebnisse zu motivieren sind, aber ich gehöre zu denen mit den Erfolgserlebnis induzierten Motivationsschüben.
Tja, da mein Leben im Moment ja nicht viel mehr kennt als Schlaf, Essen und Klinik empfinde ich einen so erfolgreichen Tag im Bereich Klinik als durchaus berichtenswert.

To protect and to serve

Lange schrieb ich nichts. Das wiederum liegt daran, dass ich ausser vom Krankenhaus von wenig erzählen kann. Und das Krankenhausgewäsch würde euch sicher auf Dauer langweilen. Was gibts da schon? Den ganzen Morgen lauf ich da herum und warte auf die Patientinnen, um ihnen Braunülen legen zu dürfen. Gestern hatte ich erfreulicherweise die 100%Quote wieder erreicht, was in anbetracht der geringen Fallzahl und der Größe bzw. Kleine der Nadeln nicht wirklich was zu heißen hat. Aber so feiert man eben seine persönlichen kleinen Erfolge, wenn sonst schon nix passiert.
Insgesamt hab ich im Moment in der Chemotherapie ein ganz lockeres Leben – zumindest schreit mich niemand an im Moment. Ich kann auch nicht behaupten, dass mich all diese Krebskranken irgendwie runterziehen, mit manchen würde ich am liebsten losziehen und Kaffeetrinken gehen. Aber so locker wirds da jetzt leider auch nicht gesehen.
Aber: Da wir mit den Internisten zusammenarbeiten, sehe ich täglich auch Patienten, die andere Krebserkrankungen als Brust- oder Eierstockkrebs haben. Leute – egal was, es ist widerlich, wenn mans erstmal hat! Geht schön zu allen Vorsorgeuntersuchungen, die man sich überhaupt irgendwie von der Kasse bezahlen lassen kann.
So, das Wort zum Kopfschmerz, ich leg mich ins Bett. Es ist zwar erst 8, aber ich bin halt müde und alt. Mein Freund hat mir sogar schon den Spitznamen “Steinchen” gegeben. Nun denn, der Stein legt sich zur Ruhe.

Tatsachenbericht

Nun denn – hier einige Auszüge aus dem Dasein eines PJlers. Um 7 in der Früh muss ich geschniegelt und gebügelt auf der Matte stehen, deshalb fahr ich trotz meiner sehr günstigen Verkehrsanbindung mit dem Auto. Ausserdem ist bei mir vorm Haus ja auch nur von 7 bis 18 Uhr Parkverbot, und da bin ich ja eh nicht daheim. HA! Jedenfalls – dann gibts erstmal Visite, dann Besprechung, dann evtl. OP. Falls man nicht in den OP muss, erwartet einen Stationsarbeit auf höchstem Niveau: Drainagen ziehen und Blut abnehmen. Und trotzdem ist das die beste Zeit vom Tag, sogar wenn man die elende Vene nicht trifft, weil man sich mal mit Leuten unterhalten kann, die einen nicht mit einem geringschätzigen Blick bedenken oder im rüden Ton mit einem reden. Gut, dann Aufnahmen inklusive Blutabnehmen (was sonst) und körperlicher Untersuchung. Dann muss man das ganze einem Arzt übergeben, was eine total tolle Gelegenheit für selbigen ist, einen bei der kleinsten Wissenslücke herunterzumachen. Gut. Gelegenheiten zum Runtermachen findet man auch so in Hülle und Fülle. So schleppt sich der Tag dann – allerdings kann man ja fast damit rechnen, dass man in den OP muss. Dann sieht die Stimmungsprognose auch schon nicht mehr so gut aus. Zusammengeschissenwerden bei jedem kleinen Fehler, den man vermummt bis an die Augen da am OP-Tisch macht. “Was, Sie können nicht nähen? Hat man Ihnen nicht anständig beigebracht? Ihr Problem, das ist keine Entschuldigung!” Das ist noch nett, wenn man es zu hören kriegt. Meistens wird man einfach zum Hakenhalten hingestellt in irgendeiner verdrehten Haltung und wie Luft behandelt bis zu dem Zeitpunkt, an dem etwas falsch macht. Klar! Das ist es eigentlich, was man zu meiner jetzigen Situation zusammenfassend sagen kann: Wenn etwas gut war, wird nicht gelobt – dafür wird doppelt gepöbelt, wenn man aus Unwissenheit etwas falsch macht. Es zeigt einem keiner etwas, es wird erwartet, dass man es theoretisch schon weiß und sofort anwenden kann.
Nun denn, der Tag setzt sich also aus zahlreichen meist in nicht normalem freundlichen Ton vorgetragenen Zurechtweisungen zusammen und zieht sich gegen die Oberarztvorstellung dahin, denn keine Frau kann ohne Oberarztvorstellung operiert werden. Tja, und wenn der Oberarzt im OP steht, dann dauert das so lange, bis er wieder da ist. Und das dauert meistens länger als bis 5. Also ist meine Durchschnittsarbeitszeit täglich 11 Stunden meist ohne Zwischenmahlzeiten. Um 7 heimkommen, um 6 aufstehen – nun ja, viel Freizeit bleibt da nicht mehr, da man ja auch irgendwann essen und auch manchmal das Essen einkaufen muss. Lernen soll ich nach Ansicht unserer Stationsärztin am besten auch ständig, tja und sorry, aber nach einem 11 Stunden Tag mit evtl. mehreren Stunden OP schlaf ich schon ein, wenn ich nur kurz die Augen zumache.
In 2 Wochen komme ich auf eine andere Station, und ich kann nur hoffen, dass es da nicht so frustrierend zugeht. Montag habe ich nämlich das allererste Mal während meines gesamten Studiums an meiner Berufswahl gezweifelt. So klein haben die einen da in so kurzer Zeit. Ziemlich mieses Gefühl, wenn einem kurzzeitig die Lebensperspektive entgleitet, nur weil man sich ständig verunsichern lässt. Naja, ich versuchs jetzt erstmal mit der Taktik “Augen zu und durch” – überzeugt bin ich vom Gelingen dieser Taktik schon, aber nicht mehr so sehr des Ausganges meines Studiums gewiss.
Aber – the show must go on, nicht wahr?

Das noch kurz zur allgemeinen Stimmung…

Man sei mir bitte nicht böse, wenn ich nichts von mir hören lasse. Im Moment bin ich von morgens 7 bis abends 7 in der Klinik, danach kann ich meistens nichts mehr ausser Essen und vielleicht Duschen. Sobald meine Arbeitsaklimatisierung abgeschlossen ist, werde ich auch mehr zu selbiger Arbeitssituation von mir geben. Nur so viel – Dienstag dachte ich, der Teufel hätte mich in die Hölle geholt. Es zeichnet sich allerdings ab, dass es sich vielleicht auch nur um ein Zwischenstockwerk zwischen Erde und Hölle handeln könnte. Aber das weiß ich noch nicht so genau.
Erkältet hab ich mich natürlich auch total – das Wochenende verbringe ich im Bett.

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